Türkultur.

Mit dem Übergang der Lebensweise vom Jäger und Sammler zu der des Bauern und Viehhalters trat infolge des Ackerbaus vor ca. 12000 Jahren der Umstand ein, dass der Mensch sein Nomadentum gegen die Sesshaftigkeit eintauschte. Von da an bestand auch die Notwendigkeit, eine Behausung zu schaffen, die dauerhaft Schutz vor Wind, Wetter und unerwünschten Besuchern bieten konnte. Um diesem Anspruch gerecht zu werden, mussten diese festen Behausungen verschlossen werden. Die Tür war erfunden!
Die Entwicklung der Tür ist durch die Jahrhunderte hindurch bestimmt von funktionalen Anforderungen, technischen Neuerungen und nicht zuletzt von kulturellen und damit einhergehenden gestalterischen Entwicklungen.
Die Geschichte der Tür hat ihre Spuren auf der ganzen Welt hinterlassen. Obwohl keine Aufzeichnungen oder Funde bestehen, welche Auskunft über die exakte Entstehungszeit geben, lässt sich der historische Rahmen größtenteils verfolgen.
So zeigten bereits Gemälde ägyptischer Gräber sowohl Einzel- als auch Doppeltüren, die jeweils aus einem einzigen Stück Holz angefertigt worden waren. Schon damals hatten Türen eine Symbolik – sie stellten im übertragenen Sinne den Zugang zum Jenseits dar. Aus diesem Grund wurden sie optisch nicht selten mit Entwürfen des Paradieses oder ähnlichen Darstellungen verziert.
In der Schweiz fanden Archäologen bei einer Ausgrabung eine etwa 5000 Jahre alte Tür aus Holz samt Türangel. Die Tür hatte eine "ausgefeilte Steckverbindung" und wirkte, als könne sie sogleich wieder genutzt werden.
Die ersten Häuser bestanden aus einem einzigen Raum, in dem sich das ganze Leben der Großfamilie abspielte. Hier wurde gelebt und gearbeitet. Im Laufe der Zeit wurden die Bauten immer weiter aufgeteilt: Zunächst wurden Schlafgelegenheiten abgetrennt, später Kochstellen, Vorräte wurden außerhalb des Wohnbereichs gelagert und das Vieh bekam einen eigenen Raum.
Dementsprechend wurde auch die Tür weiterentwickelt. So wurden Befestigungs- und Stabilisierungsmöglichkeiten erfunden. Erst gab es Schlaufen, die bald von Riegeln abgelöst wurden, dann wurden Türgriffe oder –knäufe zum Standard und zur Sicherung von Bewohnern und Eigentum letztendlich auch Türschlösser. Schnell wurde die Eingangstür eines Gebäudes zur Visitenkarte. Einflügelig oder mehrflügelig, aus Tanne oder aus Eiche, mit Kassettenstruktur, Glas- oder Bronzeelementen, gestrichen, geölt, lasiert, als Schwingtür, Falttür oder Schiebetür – Türen waren der erste Hinweis auf die Nutzung eines Gebäudes und auf den Status seiner Bewohner.

Auch kulturell hatte die Tür seit ihrer Entstehung eine große Bedeutung.
Viele Rituale und Bräuche auf der ganzen Welt basieren auch heute noch symbolisch auf der Tür: Zum Beispiel der berühmte Mistelzweig, der, zu Weihnachten über die Tür gehängt, den sich Küssenden Glück verspricht, oder das Hufeisen über der Tür, aus dem sich Glück über das Haus und seine Bewohner ergießen soll.
In orientalischen Ländern ist es ein weit verbreiteter Brauch, ein blaues, augenförmiges Amulett über der Tür anzubringen, um den „Bösen Blick“ des Besuchers abzuwenden.
Wer sich schon einmal gefragt hat, weshalb beim Karneval oftmals der Stadtschlüssel vom Bürgermeister an die Narren übergeben wird, dem wird klar, dass es hierbei um die symbolische Übergabe von Besitzverhältnissen geht. Der Bürgermeister, das Oberhaupt einer Stadt, übergibt einer anderen Partei die Befugnisse über eben diese. Diese Tradition lässt sich jahrhundertelang zurückverfolgen, denn es war nach Belagerungen einer Stadt üblich, die neuen Herrschaftsverhältnisse anzuerkennen durch die Übergabe des Schlüssels zum Stadttor an die Belagerer.

Eines hatten fast alle Türen gemeinsam. Bis auf die frühzeitlichen Steintüren oder die in wenigen Sakralbauten verwendeten Metalltüren wurden die Türen aus Holz gefertigt. Holz war und ist der ideale Werkstoff für Türen. Mit seiner wärme- und schallisolierenden Wirkung, der Möglichkeit dauerhaft und sicher Beschläge zu befestigen, Feuchtigkeitsschwankungen ohne Verzug ausgleichen zu können und über Generationen ästhetisch und funktional zu bleiben, ist Holz bis heute das vernünftigste Material im Türenbau.